Vortrag „Ilse Langners Tragödie »Klytämnestra« – Die Karriere einer Mörderin zur Staatslenkerin“
Am Sonnabend, den 20. September 2025 um 19 Uhr laden die Johann-Heinrich-Voß-Gesellschaft und die Eutiner Landesbibliothek zum Abendvortrag „Ilse Langners Tragödie »Klytämnestra« – Die Karriere einer Mörderin zur Staatslenkerin“ von Prof. Dr. Andrea Rudolph ein.
Ilse Langner (1899-1987), die als Autorin bedeutende Erfolge in der Zwischenkriegszeit feierte, geschätzt von Arnold Zweig, Alfred Kerr, Max Reinhardt und Erwin Piscator, setzte in ihrem umfangreichen Dramenwerk Fragen ihrer Zeit in Fragen an ihre Figuren um. Aischylos‘ Tragödie „Agamemnon“ in Voß‘scher Übertragung bietet an diesem Abend den Referenzbezug für die Diskussion über Langners Drama „Klytämnestra“.
Von allen Figuren dieser antiken Verstrickungsgeschichte ist Klytämnestra wohl diejenige, die in literarischen Gestaltungen am schlechtesten wegkam. Jede Episode und jeder Aspekt ihres Seins scheinen Versagen, Schuld und falsch gelebte Weiblichkeit zu spiegeln. Aischylos‘ Kassandra nennt sie ein „unholdes Scheusal“ und eine „verruchte Hündin“, was in der Tragödie durch eine Reihe von Variablen angereichert wird. Als Tochter des Spartanerkönigs Tyndareos und seiner Gattin Leda, Schwester Helenas und der Dioskuren, als Gattin des griechischen Anführers Agamemnon und Mutter seiner Kinder hätte sie, etwa wie Penelope das griechische Urbild gelungener Weiblichkeit, das Ideal des
weiblichen Rollenmusters ausfüllen können. Doch wurde sie, darin Medea durchaus verwandt, geradezu zum Schreckensbild, an dem das Verfehlen des griechischen Ehefrauenideals aufgezeigt wurde. Dennoch
stellte Ilse Langer gerade diese Figur in den Mittelpunkt ihrer gleichnamigen Tragödie und machte so - äußerst kritisch - Zeitgegenwart sichtbar.
Der Eintritt ist frei.